Denn er wusste nicht was er tat, als er es tat (mindestens einmal muss so einen Überschrift in jede Abizeitung!)

 

 

Es gibt an unserer Schule wohl so einige Orte an denen kein Schüler gerne seien möchte. So möchte man beispielsweise niemals neben einem gebrauchten Taschentuch stehen, wenn unser geliebter Schulleiter des Weges kommt. Doch wesentlich abstoßender wirkt auf jeden Menschen, der über einen intakten Geruchssinn verfügt, wohl ein Aufenthalt in den Sanitären Einrichtungen der Sporthalle im allgemeinen, und die der Jungenumkleiden im speziellen. Dieser Umstand ist wohl vor allen Dingen auf den beißenden Uringeruch dieser Örtlichkeiten zurückzuführen. Nun mag Uringeruch dem regelmäßigen Besucher öffentlicher Herrentoilletten durchaus normal erscheinen, er gehört quasi zum Klo wie die Made zum Speck (einzige Ausnahme stellt hier das als Herrenklo getarnte Unterstufenraucherzimmer des MGBs dar).  Der Geruch entwickelte im laufe der Jahre eine solche Intensität, dass man ihm fast eine körperhafte Erscheinung zuschreibe könnte. Dieses Phänomen steht wohl im direkten Zusammenhang zu den gelben Flecken die sich beinahe überall finden lassen, in Wachbecken, Spülsteinen, Klos etc...

Diese geballte Ladung optischer und olfaktorischer Brechreize führt nun wiederum beim normalen GymBo-Schüler zum strikten Boykott der „Duschen“ (im folgenden wird der Begriff „Duschen“ nur noch in Anführungszeichen verwendet, da er normalerweise ein Gefühl von Sauberkeit suggeriert). Man ist sich einig: Lieber dreckig und verschwitzt durch die Schule schlendern, als sich diesem Gestank auszusetzen. So war es schon immer und so würde es auch immer sein, dachten wir, doch dann trat ein gewisser Nils Neuhäuser genannt Heuthbrügge, gescheiterter Burggymnasiumschüler und hoffnungsvoller NeuGymBoler in unser Leben.

Es war Anfang Februar, das zweite Halbjahr der Jahrgangsstufe 12 hatte vor zwei Tagen für uns begonnen. Auf dem Programm stand für unseren Sportkurs Hürdenlauf und unsere geschätzte Sportlehrerin schaffte es wieder einmal mit ihren bekannten Motivationskünsten den gesamten Kurs zu schweißtreibenden Höchstleistungen anzuspornen. Allen voran Nils Neuhäuser genannt Heuthbrügge, der, ohnehin mit einem ausgeprägten sportlichen Ehrgeiz ausgestatte, sich in den Benotungskategorien Frau Ginthers in hoher bis höchster Position zu etablieren suchte. Soweit nichts Ungewöhnliches, doch als wir uns nach getaner Arbeit über Hürdenlauf, zu wenig Spielstunden und den aus den Duschen in die Kabinen quellenden Gestank schimpfend umzogen, schnappte sich unser neuer Mitschüler, inzwischen völlig entblößt, Duschzeug, Badelatschen und Handtuch und marschierte geradewegs in die „Duschen“. Wir waren zunächst völlig konstatiert und wussten nicht ob wir lachen oder weinen sollten. Als man Mirko, einen der ältesten GymBo-Recken unter uns, darauf aufmerksam machte, kriegte dieser nur ein ungläubiges „Boah wat is los?“ heraus und er hatte Mühe seinen vor Erstaunen geöffneten Mund danach wieder zu schließen.

Schnell machte diese Sensation auch in der übrigen Stufe die Runde und löste bei allen anderen die gleiche Mischung aus Entsetzen und Belustigung aus, wie bei uns. Doch es kam noch schlimmer, denn es fanden sich tatsächlich drei Nachahmer im Sportkurs Herrn Figges, die sich nun auch zweimal pro Woche in die „Duschen“ wagten.

Dies alles ließ Nils Neuhäuser genannt Heuthbrügge relativ kalt, und so frönte er auch in den folgenden anderthalb Jahren nach jeder Sportstunden einer zweifelhaften Sauberkeit. Wir gewöhnten uns schließlich an den Anblick und Frau Ginther an den verspäteten Beginn ihrer Pausen.

 

                                                                                                          Rüdiger Dierkes